1. November 2021
Follow-up: Xell AG

Einzigartiger Nährboden

Startups Story

Als wir das Start-up Xell AG im Sommer 2009 vorstellten, konnte man schon ahnen, dass dieses aus der Arbeitsgruppe Zellkulturtechnik der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld ausgegründete Unternehmen eine steile Entwicklung nehmen könnte. Manche Entdeckungen der Forschung sind so kompliziert, dass man nicht im Einzelnen versteht, wie sie funktionieren. Aber dass der Bielefelder Xell AG im Kampf gegen Krankheiten wie Krebs oder Multiple Sklerose etwas Besonderes gelungen ist, leuchtet ein. Antikörper zum Beispiel deaktivieren Viren. Sind also trotz ihres Namens eine gute Sache. Man kann sie allerdings nicht so einfach „nachbauen“, sondern muss sie auf speziellen Nährböden mit den richtigen Lösungen füttern. Und mit dieser Nahrung für tierische und humane Zellkulturen befasste sich die Xell AG in der Anfangszeit. Wir wollten von Stefan Northoff wissen, wie es weiterging.

Was waren Meilensteine für das Unternehmen?

Es gab eine ganze Reihe von Meilensteinen auf dem langen Weg der Xell AG. Drei Punkte, an denen sich gefühlt wesentliche Dinge verändert haben, kann man aber gerade in den letzten Jahren herausgreifen. Als Erstes wäre das erste „eigene“ Labor außerhalb der Universität Bielefeld, das wir 2015/16 bezogen haben, zu nennen. Neben den größeren Flächen und mehr Möglichkeiten für das Unternehmen hat sich dort im Team ein anderes Wir-Gefühl eingestellt. Ein zweiter Meilenstein war dann der Aufbau der eigenen Produktion am Standort Schloß Holte-Stuckenbrock, den wir weitestgehend ohne externe Hilfen geleistet und erfolgreich fertiggestellt haben. Dies hatte geschäftlich den größten Einfluss der letzten Jahre – auch mit Blick auf die Perspektiven des Unternehmens. Zuletzt kann man die ISO 9001-Zertifizierung nennen, bei der wir zwar Berater eingesetzt haben, das komplette Qualitätssicherungssystem wurde aber letztendlich vom Team der Xell AG selbst in einem langwierigen Prozess entwickelt.

… Und dann kam das Angebot der Sartorius AG. Was bedeutet das für die Xell AG?

Es gab bereits eine längere Historie mit Sartorius, bei dem beide Unternehmen sich schrittweise und kollaborativ angenähert haben. Als klar war, dass das „Mindset“ gut zueinander passte, wurden bilaterale und zielstrebige Gespräche angestoßen. Die Wahl des Partners ist insbesondere wichtig, wenn man an die Zukunft des eigenen, viel kleineren Unternehmens denkt. Xell sollte im Kern weiterbestehen, alle Mitarbeiter*innen und Mitarbeiter einen sicheren Hafen finden und die Potenziale zielstrebig genutzt werden. All dies ist bei Sartorius gegeben. Für Xell und die Mitarbeitenden an den beiden Standorten bedeutet die Übernahme durch Sartorius eine riesige Chance für die Zukunft.

Wenn Sie zurückblicken, was war die größte Herausforderung – was der größte Fehler?

Xell war bis zur Übernehme privat finanziert, was sicher nicht so häufig in der Biotechnologie-Branche vorkommt. Biotechnologie ist aber ein sehr kapitalintensives Arbeitsgebiet. Daher war die größte Herausforderung, das Unternehmen ohne größere finanzielle Hilfen in Form von Risikokapital quasi aus eigenen Mitteln wachsen zu lassen. Retrospektiv findet man immer Punkte, die man aus heutiger Sicht anders machen würde. Ich stelle gelegentlich fest, dass wir bei Xell durchaus offensiver und mutiger hätte planen und agieren sollen. Wir haben Entscheidungen immer nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und insgesamt sicher mehr richtig als falsch gemacht.

Und die beste Erfahrung?

Dass man in einem Unternehmen mit einem guten Team fast alle Herausforderungen angehen und meistern kann. Auch wenn es immer wieder Dinge gab, die hätten besser laufen können – als Vorstand hatte ich immer zur richtigen Zeit die passende Unterstützung. Was also die bislang beste Erfahrung war, ist zu wissen, dass man nicht alles allein schaffen muss.

Was sorgte für den eigentlichen Push?

Es ist immens wichtig, dass die Belegschaft ein Unternehmen trägt und stetig weiterentwickelt. Durch dieses nach vorne gerichtete Arbeiten haben wir eine ganze Reihe von Meilensteinen erreicht – von der Entwicklung neuer Produkte, die heutzutage routinemäßig bei der Produktion von Medikamenten für die Krebstherapie eingesetzt werden, bis hin zum eigenständigen Aufbau einer Produktion pharmazeutischer Hilfsstoffe, die höchsten Qualitätsanforderungen genügt.

Was ist das nächste Ziel?

Die Xell AG erfolgreich in den global agierenden Konzern Sartorius zu integrieren und gemeinsam zu einem der größten Anbieter im Bereich der Zellkulturnährmedien zu werden.

Der gute Tipp für andere Start-ups?

Wenn man von einer Idee überzeugt ist, sollte man diese auch realisieren. Der Nike-Slogan „Just do it“ ist heute unternehmerisch leider seltener zu finden. Wir tendieren dazu, Dinge zu zerdenken und zerdiskutieren. Dabei kann man vorher nie wissen, ob etwas wirklich funktioniert.

Was schätzen Sie an Bielefeld?

Bielefeld bietet für Biotech-Unternehmen eine ideale Heimat. Durch die Universität mit einer Fokussierung auf biotechnologische und bioinformatische Themen stehen gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Ebenso sind aufgrund von drei ausbildenden Schulen für technische Assistenten ausreichend Mitarbeiter *innen und Mitarbeiter für den Betrieb der Labore verfügbar.

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