1. Dezember 2020
Gründer des Monats: geschenksäckchen.de

Nachhaltig verpackt und schön

Startups

Weihnachtszeit ist die Zeit des Schenkens. Den Liebsten eine Freude machen. Mit einem sorgfältig ausgewählten und akkurat verpackten Geschenk. So manches Wohnzimmer gleicht am Heiligabend einer kleinen Mülldeponie. Für die Tonnen von Geschenkpapier verschwinden ganze Wälder in den Papiermühlen. Das muss nicht sein. Ein Start-up aus Bielefeld hat die Lösung: liebevoll gefertigte Geschenksäckchen. 

Das ist nicht nur einfach – denn in einem hübschen Säckchen ist jedes Geschenk ordentlich und zugleich schön verpackt –, sondern auch sozial. Denn die Geschenksäckchen werden von proWerk in Bielefeld-Bethel von Menschen mit Behinderung gefertigt. Jedes Säckchen trägt also dazu bei, dass Menschen, die nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, berufliche und damit verbundene soziale Teilhabe erfahren.

Initial war bei der Gründung von geschenksäckchen.de der Nachhaltigkeitsgedanke. Leonie hat sich neben ihrem Studium der Psychologie intensiv mit der Zero-Waste-Bewegung beschäftigt und in Christopher einen begeisterten Mitstreiter in Sachen Müllvermeidung gefunden, der durch seine Ausbildung bei Dürkopp eine starke Affinität zum Nähen hat.

Zunächst wurde im Wohnzimmer für den privaten Gebrauch zu Weihnachten 2017 fleißig gewerkelt. Die Geschenke wurden in den ersten Säckchen verschenkt. Das kam im Freundeskreis und in der Familie richtig gut an. „Die Nachfrage stieg und irgendwann reifte der Gedanke: Können wir nicht einfach nähen lassen?“, erinnert sich der studierte BWLer. Im Januar 2019 wurde die Idee konkret. Nach Überwindung der gesamten Bürokratie, die mit der Gründung einer UG einhergeht, wurde aus dem Projekt das Unternehmen geschenksäckchen.de.

Steile Lernkurve

Die Gründer, die sich bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beim THW Bielefeld kennengelernt haben, machten sich viele Gedanken, um so nachhaltig, umweltfreundlich und sozial wie möglich zu produzieren. Das Thema Stoff trieb Leonie und Christopher um. Denn bei Bio-Baumwolle steckt häufig Kinderarbeit dahinter. Dann passt vielleicht der ökologische, nicht aber der Fairtrade-Gedanke. Deshalb werden ihre Geschenksäckchen momentan aus recycelter Baumwolle aus Spanien (Ökotex 100 Standard) produziert. Vertrieben werden die schmucken Säckchen vom ausgewählten Einzelhandel quer über die Republik verteilt: von Norderney bis Dietfurt bei Ingolstadt. Bei sogenannten City Walks sprechen Chris und Leonie die Inhaber*innen direkt an, ob sie die Geschenksäckchen in ihr Sortiment aufnehmen möchten. Auf einen Online-Shop haben die Gründer bewusst verzichtet. Zum einen möchten sie dem stationären Einzelhandel nicht in die Quere kommen und zum anderen wäre es wenig sinnvoll, einzelne Säckchen zu verschicken. Der Verpackungsmüll wäre dann wieder immens.

Freiheit genießen

Bei der Auswahl der Stoffe sind sich die beiden Gründer nicht immer einig. „Das ist aber überhaupt nicht schlimm, denn auch der Geschmack unserer Kundschaft ist ja unterschiedlich“, sagt Leonie. Die Geschenksäckchen kommen momentan in zehn unterschiedlichen Motiven und in vier verschiedenen Größen daher. Über grundsätzliche Fragen gab es übrigens noch keine Meinungsverschiedenheiten. „Es ist ein großer Luxus, dass wir niemandem Rechenschaft ablegen müssen“, betont Chris, der in seinem Beruf hauptsächlich im Projektmanagement tätig ist. „Da wir ohne Fremdkapital arbeiten, entscheiden wir – als Gesellschafter und Geschäftsführer – allein, was wir für unser Unternehmen für richtig erachten und wie viel Zeit wir darin investieren. Das ist eine coole Sache.“ Weil kein Tag wie der andere ist, lässt sich schwer sagen, wie viele Stunden Leonie und Christopher in der Woche für geschenksäckchen.de tätig sind. „Das Schöne ist, dass wir uns abwechseln können“, bestätigt Leonie. „Wenn der eine mal gerade wenig Zeit hat, macht der andere einfach mal mehr – und umgekehrt. Momentan ist es sehr erfreulich, dass uns viele Anfragen erreichen, die offenbar über Mund-zu-Mund-Propaganda von uns gehört haben oder dadurch, dass in Facebook-Gruppen über uns gesprochen wird.“ 

Wir sind klein, lokal und sozial. Da purzeln die Weihnachtsgefühle doch schon fast von allein aus dem Sack.

Christopher

Weil zu Corona-Zeiten auch viele Firmen-Weihnachtsfeiern ausfallen, erfreuen viele Unternehmen oder auch Kitas ihre Mitarbeitenden und Familien mit kleinen Präsenten. Auch die müssen verpackt werden. Und da sprechen alle Argumente für geschenksäckchen.de: „Wir sind klein, lokal und sozial. Da purzeln die Weihnachtsgefühle doch schon fast von allein aus dem Sack“, lacht Christopher. Mit der Entwicklung ihres Unternehmens sind die Gründer sehr zufrieden. Ob und wie sie weiter wachsen möchten, werden sie sich genau überlegen. „Wenn wir die Chance sehen, groß zu werden, werden wir sie wahrscheinlich nutzen“, so Leonie. „Wir werden sehen, wie sich das anfühlt. Ich fände es schön, wenn wir andere dazu inspirieren könnten, ihr Leben ein bisschen nachhaltiger zu gestalten.“ Christopher stört sich daran, dass wirtschaftlicher Erfolg immer am Wachstum gemessen wird. „Wir können sagen: Wir wollen wachsen. Wir können aber auch sagen: Es ist gut, wie es jetzt ist. Wenn sich das Geschäft trägt und wir damit zufrieden sind, ist das doch auch ein Erfolg.“

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