25. April 2022
Interview mit Ulrich Scheppan und Dennis Will von der Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG

„Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA“

Green Stories Umdenken und anfangen

Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh ist mit mehr als 700 Mitarbeitenden, über 113.000 Mitgliedern und rund 165.000 Kund*innen eine der größten Volksbanken in Nordrhein-Westfalen. Seit 160 Jahren ist das Unternehmen in der Region fest verwurzelt und übernimmt Verantwortung. „Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Haltung“, betont Ulrich Scheppan. Wir haben mit dem Vorstand der Genossenschaftsbank und mit Pressesprecher Dennis Will über nachhaltiges Wirtschaften in der Finanzwelt gesprochen.

Herr Scheppan, wann nahm das Thema Nachhaltigkeit bei Ihnen in der Volksbank Bielefeld-Gütersloh an Fahrt auf?

Ulrich Scheppan: Schon sehr früh. Wir profitieren heute von der Weitsicht der Entscheider, die bereits 2009 einen Strategieprozess angestoßen und vorangetrieben haben. Der Druck, sich zu wandeln kam also nicht „nur“ von außen, sondern auch aus unserer Mannschaft heraus. Im Rahmen des Prozesses haben wir uns auch intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Als Genossenschaftsbank ist das Teil unserer DNA. Wir stehen für Solidarität, Sicherheit, Verlässlichkeit und Partnerschaft. Nachhaltigkeit bedeutet für uns, dass wir unsere heutigen Bedürfnisse nicht auf Kosten anderer und nachfolgender Generationen befriedigen. Unserer wichtigstes Gut sind unsere Kolleginnen und Kollegen. Folgerichtig haben wir das Wohl der Mitarbeitenden fest im Blick und bieten flexible Arbeitszeiten, betriebliches Gesundheitsmanagement, achten auf die Work-Life-Balance und vieles mehr.

Wie haben Sie nachhaltiges Wirtschaften im Unternehmen verankert?

Ulrich Scheppan: Vor dem Hintergrund des Klimawandels haben insbesondere ökologische Aspekte in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und sind bei uns über das grüne Geschäftsfeld in den strategischen Rahmenbedingungen verankert. Hinter dem Geschäftsfeld stand bis 2021 mit dem „Kompetenzboard Grün“ eine sechsköpfige, hierarchie- und abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe. Nun haben wir ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement gegründet. Das Team besteht aus zwei Kolleginnen, die sich als Nachhaltigkeitsmanagerinnen jeweils zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit um nachhaltige Belange im Unternehmen kümmern. Die Nachhaltigkeitsthemen bieten uns die Chance, uns im Markt von anderen abzuheben und sowohl bei der Mitarbeitersuche als auch bei der Kundenakquise zu punkten.

Zum Beispiel mit einem eigenen Nachhaltigkeitsfonds?

Ulrich Scheppan: Ganz genau. Früher galt: Nachhaltige Anlagen machen ein gutes Gewissen, bringen aber weniger Rendite. Heute können unsere Kundinnen und Kunden mit nachhaltigen Anlagen sogar höhere Renditen erzielen. Denn Unternehmen, die sich nicht nachhaltig aufstellen, laufen Gefahr, irrelevant zu werden. Unseren eigenen Nachhaltigkeitsfonds, den Volksbank Bielefeld-Gütersloh NachhaltigkeitsInvest, haben wir vor zwölf Jahren aufgelegt – ein Mischfonds aus Aktien und Rentenpapieren. Seither hat der Fonds – Stand 31.12.2021 – eine Wertsteigerung um 93,2 Prozent erzielt. Drauf sind wir auch wirklich stolz, dass unser regionales Produkt, das international agiert, so erfolgreich ist und wir als Bank aus OWL mit unserem Fonds in den Branchen-Rankings häufig einen der vorderen Plätze belegen.

Was zeichnet den Fonds aus?

Investiert wird in umweltbewusst und verantwortungsvoll handelnde und wirtschaftende Unternehmen. Unsere Expertinnen und Experten tun das gezielt und gewinnorientiert für unsere Anleger, die damit den nachhaltigen Wandel der Wirtschaft fördern. Unsere Fondsmanager prüfen ganz genau, ob ein Anlageobjekt wirklich für den weltweiten Mischfonds geeignet ist. Über unseren Verbundpartner Union Investment können wir auch Druck auf Unternehmen ausüben. Wir haben klare Ausschluss-Kriterien: 19 Geschäftsfelder stehen aktuell ganz oder teilweise auf unserer „schwarzen Liste“. Absolut tabu sind Spezialunternehmen, die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen betreiben oder die mit Pelzen handeln, sowie Firmen, die Atomenergie erzeugen, „Hydraulic Fracking“ betreiben oder Ölsande gewinnen etc. Damit unterstreichen wir einmal mehr, dass Nachhaltigkeit bei der Volksbank Bielefeld-Gütersloh eine Haltung ist. Im Moment arbeiten wir daran, neben unserem eigenen nachhaltigen Mischfonds einen weiteren, rein aktienbasierten Fonds aufzulegen, der Ende des Jahres 2022 starten soll.

Erleben Sie eine verstärkte Nachfrage von Seiten Ihrer Kundschaft in Bezug auf nachhaltige Anlagen?

Ulrich Scheppan: Auf jeden Fall. Viele unserer Kundinnen und Kunden machen sich verstärkt Gedanken und möchten ihr Geld sinnvoll und verantwortungsbewusst anlegen. Um am Puls der Zeit zu sein, investieren wir viel in die Schulungen unserer Beraterinnen und Berater, um unsere Mitarbeitenden immer weiterzuentwickeln.

Seit 2021 ist die Volksbank Bielefeld-Gütersloh klimaneutral. Was waren wichtige Bausteine, um das zu erreichen?

Dennis Will: Der erste Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität war, eine eigene Klimabilanz zu erstellen. In die Berechnung fließen Daten zum Pendlerverkehr, Fahrten zu Kundenbesuchen und Fahrzeugen ebenso ein wie der Strom-, Wasser-, Heizenergie- und Papierverbrauch sowie das Abfallaufkommen in den Geschäftsstellen. Mit unseren Photovoltaikanlagen an sieben Standorten haben wir 2021 über 70.000 Kilowattstunden Strom produziert. Im Vergleich zur Stromerzeugung aus anderen Energiequellen wurden dadurch rund 60 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden. Auch die Umstellung unseres Fuhrparks schlägt in der CO2-Bilanz zu Buche: Der Einsatz unseres E-Mobils und der drei Hybrid-Fahrzeuge verursachte 3,14 Tonnen weniger Kohlendioxid, als wenn die Kundenbetreuer die Fahrten in Dienstwagen mit herkömmlicher Antriebstechnologie zurückgelegt hätten. Außerdem stehen sechs Dienstfahrräder, jeweils drei an jeder Zentrale, für unsere Mitarbeitenden bereit. Besonders im Stadtgebiet ist das sinnvoll, weil unsere Mitarbeitenden nicht nur ökologisch, sondern auch schneller unterwegs sind. Außerdem investieren wir immer weiter in Ladesäulen für E-Autos und E-Räder. Das sind alles nur ein paar Beispiele, wie wir nachhaltiges Wirtschaften angehen.

Wo ist denn noch Luft nach oben?

Ulrich Scheppan: Gefühlt würde ich sagen, wir haben die Hälfte des Weges geschafft. Wir wollen die Klimaneutralität aus eigener Kraft schaffen. Das bedeutet, dass wir wegwollen von den Ausgleichszertifikaten, mit denen wir bislang nicht vermeidbare Emissionen kompensieren. Wir haben unsere Mitarbeitenden darüber abstimmen lassen, welche Projekte wir durch die Zertifikate unterstützen wollen. Die Wahl fiel auf das MoorFutures Projekt im Königsmoor, eine Renaturierungsmaßnahme in Schleswig-Holstein. Dort haben wir 466 Zertifikate erworben. Außerdem unterstützen wir ein Baum-Invest in Costa Rica.


Dennis Will: Wir würden als hier in Bielefeld und Gütersloh fest verwurzelte Genossenschaftsbank gern auch heimische Projekte fördern. Aber leider gibt es momentan keine Initiativen, die die Kriterien der Ausgleichszertifikate erfüllen. Dennoch unterstützen wir zahlreiche heimische Projekte und Initiativen zum Klimaschutz, wie die Aufforstung des Bielefelder Stadtwalds oder den Gütersloher Bürgerwald.

Wie kommunizieren Sie Ihre Maßnahmen in puncto Nachhaltigkeit nach außen?

Dennis Will: Am 1. April 2022 gehen wir mit einer neuen Internetseite an den Start, die den schönen Namen „Unsere nachhaltige Seite“ hat. Hier wollen wir auf ansprechende Weise über die vielen Facetten, die nachhaltiges Wirtschaften umfasst, berichten, was wir als Volksbank Bielefeld-Gütersloh darunter verstehen und wie wir uns für Umwelt, Gesellschaft und Soziales engagieren.

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