Böllhoff stellt neuen Bildungscampus vor

Wirtschaft LIVE führte die rund 100 Gäste von DAS KOMMT AUS BIELEFELD diesmal an einen Ort, der sinnbildlich für den Wandel steht, den Unternehmen heute gestalten müssen: den neuen Bildungscampus der Böllhoff Gruppe. Ein 1.600 Quadratmeter großer Lern- und Innovationsraum am Stammsitz Bielefeld, in dem Ausbildung, Wissenstransfer und praktische Anwendung unter dem Leitmotiv „B3 – Bildung, Begeisterung und Begegnung“ zusammenkommen. Zwischen Robotik, digitaler Fertigungstechnik und offenen Lernräumen öffnete das Bielefelder Familienunternehmen seine Türen – und zugleich ein Kapitel aus fast 150 Jahren Unternehmensgeschichte: mit Visionen für die Zukunft und großer Leidenschaft für Menschen und Technik.

Heute beschäftigt die Böllhoff Gruppe über 3.300 Mitarbeitende – davon rund 1.000 Beschäftigte in Bielefeld – an 43 Standorten in 26 Ländern. Global präsent, aber seinen Wurzeln in Bielefeld treu, investiert das Familienunternehmen bewusst vor Ort. „Wir setzen auf Menschen und ihren Mut, Neues zu lernen. Der Bildungscampus ist unser Versprechen: Hier entsteht Zukunft – gemeinsam, bodenständig und mit Herz, getragen von der Begeisterung für erfolgreiche Verbindungen. Das ist unsere Vision,“ betont Wilhelm Alexander Böllhoff, geschäftsführender Gesellschafter und Inhaber in der vierten Generation. Nach der Begrüßung durch Ulrike Meier und Gregor Moss von der WEGE mbH nimmt er die Besucher*innen mit auf die Reise: vom 1877 gegründetem Eisenwarenhandel hin zum globalen Kompetenzführer in der 360°-Verbindungstechnik. „Mit dem Bildungscampus setzt Böllhoff ein wichtiges Signal: Gerade in wirtschaftlich anspruchsvollen Phasen in Qualifizierung und Wissen zu investieren, stärkt langfristig den Standort und eröffnet neue Chancen“, betont Ulrike Meier und unterstreicht damit die Bedeutung der Investition für die regionale Zukunftsfähigkeit.

Die Wurzeln des Unternehmens reichen zu seinem Urgroßvater zurück, der als Eisenwarenhändler im Ruhrgebiet den Grundstein für das Familienunternehmen legte. „Er war der Mutigste“, so Wilhelm Böllhoff. „Heute würde man sagen, das war ein Startup.“ Sein Großvater war es dann, der nach dem ersten Weltkrieg eine Niederlassung in Bielefeld gründete und den Übergang vom Händler zum Hersteller ermöglichte. „Er legte mit der Produktion des Helicoil-Gewindeeinsatzes den Grundstein für den technologischen Aufstieg“, unterstreicht Wilhelm Böllhoff. Sein Vater wiederum trieb in den 1960er-Jahren die Internationalisierung voran, indem er – quasi über Nacht – Niederlassungen in Brasilien und Mexiko gründete. „Auf guten Grundlagen muss man erfolgreiche Dinge einfach klug multiplizieren“, blickt Wilhelm Böllhoff auf die Entscheidung seines Vaters zurück.

Dass das Unternehmen bis heute unabhängig und familiengeführt ist, versteht er als klare strategische Entscheidung: langfristige Orientierung statt Quartalslogik. „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts“, fasst der Geschäftsführer seine Haltung in einem Satz zusammen. Nicht ohne einen realistischen Blick auf aktuelle Herausforderungen: von geopolitischen Unsicherheiten über eine tiefgreifende Transformation der europäischen Industrie bis hin zur Innovationskraft Chinas. „Wir müssen uns warm anziehen – aber das mussten wir früher auch. Entscheidend ist, dass wir mutig bleiben.“ Eine Haltung, die sich in der Entscheidung für den neuen Bildungscampus spiegelt und ihn möglich machte. Zwar fällt die Investition in eine Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit doch für Wilhelm Böllhoff ist klar: Gerade dann muss man handeln. „Wir haben schon häufiger in schwierigen Zeiten mutige

Entscheidungen getroffen – und oft hat uns genau das stärker gemacht. Mittel- und langfristig ist es absolut richtig, in Menschen, Bildung und Zukunft zu investieren.“ Und so verbindet der neue Campus modernste Technik mit offenen Lernformaten. Er soll ein Ort sein, an dem sich Talente entfalten können und neue Ideen entstehen.

Frank Nientiedt, Leiter Bildungscampus und Employer Branding, fasst das Konzept mit dem Slogan „B³ – Bildung, Begegnung, Begeisterung“ zusammen: „Bildung ist kein Zustand, sondern ein lebendiger Prozess. Begegnung schafft Vernetzung und Ideen. Und Begeisterung ist der Funke, der Wissen in Handlung verwandelt.“ Dieses Prinzip ist im Bildungscampus sichtbar verankert. Bildung wird dabei als fortlaufender Lernprozess gedacht – ein Ansatz, den Böllhoff sowohl in der technischen Grundausbildung als auch in der Weiterbildung verfolgt. Der Campus vereint vom KUKA-Roboter über KI-gestützte CNC-Technik und 3D-Druck bis zu AR- und VR-Lernkonzepten modulare Räume für Workshops, Seminare und innovative Lernformate. Dass die Maschinentechnik identisch mit den Anlagen der Serienfertigung ist, ermöglicht dabei einen nahtlosen Übergang zwischen Ausbildung und realer Produktion.

Eine Besonderheit ist die gerade in den Startlöchern befindliche Azubi-Firma, in der der Nachwuchs im Kleinen sämtliche Unternehmensbereiche – vom Marketing und Vertrieb über Fertigung und Logistik bis zur Qualitätssicherung – eigenständig abdeckt, gestaltet und dadurch ein ganzheitliches Verständnis für Wirtschaft und Unternehmensführung entwickeln kann und soll. „Unsere Azubis übernehmen echte Verantwortung, entwickeln Produkte und treffen Entscheidungen. Denn nur wer unternehmerisches Denken praktisch erlebt, kann es später im großen Kontext anwenden“, ist Frank Nientiedt überzeugt.

Über die technische Ausbildung hinaus fungiert der neue Bildungscampus auch als Weiterbildungszentrum für Mitarbeitende und externe Fachkräfte. In Kooperation mit der IHK entstehen Zertifikatslehrgänge, unter anderem im Bereich Künstliche Intelligenz. Ergänzend werden Schulungsmodule zu CNC-Technik, Pneumatik, Hydraulik, Antriebstechnik oder Schweißen entwickelt. Auch Hochschulen nutzen das Potenzial: Die Hochschule Bielefeld verlegte bereits Teile ihres Masterstudiengangs „Digitalisation & Innovation“ in die Räumlichkeiten des Campus, inklusive praxisnaher Case Studies.

Die starke regionale Vernetzung zeichnet den Bildungscampus aus. Böllhoff bildet neben dem eigenen Nachwuchs inzwischen auch für rund 20 Partnerunternehmen aus der Region aus. Durch zahlreiche Schulkooperationen fördert das Familienunternehmen außerdem die Berufsorientierung: mit Bewerbungstrainings, Unternehmensbesuchen und praktischen Einblicken in technische Berufe. „Wir wollen Jugendlichen zeigen, wie vielfältig moderne Industriearbeit sein kann. Viele wissen gar nicht, was ein Zerspaner macht oder was hinter Berufsbildern wie einem Industriemechaniker steckt“, macht Frank Nientiedt deutlich. Aktuell arbeiten 97 Auszubildende bei Böllhoff, davon 77 in Bielefeld, die sich auf 22 verschiedene Ausbildungsberufe verteilen. Gleichzeitig sollen Kooperationen mit Schulen und Hochschulen, wie der Hochschule Bielefeld, die regionale Bildungslandschaft stärken und Theorie und Praxis zusammenbringen. Auch bei der Entwicklung neuer Lern- und Begegnungsformate ist der Bildungscampus offen und experimentierfreudig – von Yoga-Sessions bis zu „Rave-Partys“. „Lernen ist lebendig, interaktiv und darf auch überraschend sein“, bringt Frank Nientiedt die offene Haltung auf den Punkt, die darauf abzielt, neue Impulse zu setzen und Menschen miteinander zu verbinden.

Dass auch Nachhaltigkeit beim Bau und Betrieb des Bildungscampus eine wesentliche Rolle spielt, ist eng mit dem unternehmerischen Selbstverständnis verknüpft und spiegelt sich u. a. durch den Einsatz von Wärmepumpe, Photovoltaik, Dachbegrünung und wiederverwendeten Materialien aus dem Vorgängergebäude. So verbindet der Bildungscampus modernste Technologie mit Innovationskultur, klassisches Handwerk mit digitalen Lernwelten und regionale Partnerschaft mit internationaler Perspektive.

Auch in der globalen Strategie zeigt sich die Verbindung aus Tradition und Zukunftsorientierung: Böllhoff setzt auf technologisch hochwertige Verbindungstechnik, auf Nähe zu internationalen Märkten und auf ein diversifiziertes Kundenportfolio – von der Automobilindustrie über Maschinenbau bis zur Luftfahrt. Zuletzt wurden in Marokko und der Türkei neue Produktionsstätten aufgebaut. Gleichzeitig treibt das Unternehmen intensiv Nachhaltigkeitsthemen voran – von Energieeffizienz über verantwortliche Lieferketten bis zu „People & Partnership“-Initiativen. Das Leitbild des Unternehmens beruht auf Mut, Fairness und Vertrauen. Werte, die nach Aussage von Wilhelm Böllhoff „so alt sind wie die Familie selbst“. Gregor Moss, Geschäftsführer der WEGE mbH, betont: „Der Bildungscampus zeigt, wie Zukunftsfähigkeit entsteht – durch Investitionen in Menschen und in die Region.“ Mit Blick auf das nahe 150-jährige Jubiläum im Jahr 2027 macht Wilhelm Böllhoff deutlich, dass die Geschichte keineswegs zu Ende erzählt ist. Im Gegenteil: Die nächsten Kapitel entstehen gerade und die Voraussetzungen für die fünfte Generation haben die Bielefelder bereits geschaffen.