14. Oktober 2025
Energie im Griff – Energiemanagement trifft Gebäudeautomation

Für etwa 30 Prozent der in Deutschland emittierten Treibhausgase sind Gebäude verantwortlich – ein gewaltiger Hebel, um u.a. das Klima zu schützen und Kosten zu senken. Vor diesem Hintergrund zeigte Energieberater Philipp Schnüll von der MSR-Concept GmbH während der Green Innovation Weeks, warum eine intelligente Kombination von Energiemanagement und Gebäudeautomation unverzichtbar ist. Inklusive eines Best Practice Beispiels.
„Die gesetzlichen Anforderungen sind in den letzten Jahren immens gestiegen. Wir stehen vor umfangreichen Nachhaltigkeits- und Energie-Reporting-Pflichten und sind gleichzeitig mit volatilen wie steigenden Energiekosten konfrontiert. Wer sein Gebäude im Griff hat, kann nicht nur Kosten senken und auf seine Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung einzahlen, sondern auch nachhaltig zur Klimaneutralität beitragen“, betont Philipp Schnüll. Schließlich peilt Deutschland an, bis 2045 klimaneutral zu sein; die EU plant dies für 2050.
Steigende Vorgaben und Pflichten
Das regulatorische Umfeld verschärft sich deutlich. „Es gibt zwei entscheidende Schwellwerte“, so Philipp Schnüll, der zuvor als Energiemanager in der Industrie tätig war. So verpflichtet das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) Unternehmen mit einem Verbrauch von 2,5 bis 7,5 Gigawattstunden jährlich zu Energieaudits nach DIN 16247. Ab 7,5 Gigawattstunden greift die Pflicht zur Zertifizierung nach ISO 50001 oder EMAS. Hinzu kommt die Pflicht, Effizienzpotenziale nach der sogenannten VALERI-Methode – dahinter steckt die Bewertung von Wirtschaftlichkeit nach der Kapitalwertmethode – zu beurteilen.
Wer sein Gebäude im Griff hat, kann nicht nur Kosten senken und auf seine Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung einzahlen, sondern auch nachhaltig zur Klimaneutralität beitragen.
Philipp Schnüll
Ein weiteres für Gebäude relevantes Gesetz ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch als Heizungsgesetz bekannt. Neubauten müssen, Stand heute, mit 65 % erneuerbarer Energie im Bereich Heizung und Kühlung betrieben werden. Bei Bestandsgebäuden besteht eine gewisse Austauschpflicht von Heizkesseln, wenn sie älter als 30 Jahre sind. Darüber hinaus besteht ab einer Heiz- bzw. Kühlleistung ab 290 kW eine Pflicht zur Gebäudeautomation. „Gerade in Industriebetrieben kommt man sehr, sehr schnell an diese Grenze“, weiß Philipp Schnüll. „Dann muss eine Gebäudeautomation nach Klasse B eingeführt werden.“
Mit Blick auf die aktuelle Situation macht Philipp Schnüll den Stand der Dinge deutlich: „Wie gesagt, lassen sich 30 Prozent des derzeitigen Energiebedarfs von 2.255 Terawattstunden der Industrie zuordnen. Das bedeutet, dass dort viel Potenzial steckt.“ Der Fokus sollte jedoch nicht nur auf den Maschinenpark und die Produktion gerichtet werden, sondern auch auf Gebäude mit Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung. „Bis 2030 dürfen laut Energieeffizienzgesetz nur noch 1866,9 Terawattstunden Energie verbraucht werden“, erklärt Philipp Schnüll. „Hätten wir seit 2008 kontinuierlich 1,3 Prozent Energie eingespart, wären wir auf einem sehr guten Weg. Aber wir sind jetzt schon 9 % über dem eigentlichen Ziel und müssten nun bis 2030 in Summe noch 17 % einsparen.“ Unternehmen stehen vielfach also vor einer großen Hürde.
Energiemanagement als Basis
„Es braucht ein Energiemanagement, um auf diese Energieziele je nach bisherigem Standard einzahlen können,“ macht Philipp Schnüll deutlich. Für ihn bedeutet dies zunächst einmal Transparenz zu schaffen und Fragen zu klären: Wo geht die Energie überhaupt hin, welche Verbraucher dominieren und wo liegen die größten Potenziale? „Es geht im ersten Schritt um eine ganz grobe Bewertung eines Gebäudes – anfangs vielleicht auch nur mit Schätzungen“, betont Philipp Schnüll. Schließlich sind die Bestandsaufnahmen und Bewertung wichtig, um den Gebäudezustand zu erfassen, zu dokumentieren und zu sehen, was sich optimieren lässt.

Auch Messkonzepte, die Energieflüsse transparent machen, liefern Informationen dazu, welche Tools benötigt werden. Und wenn Einsparpotenziale identifiziert sind, lassen sich Verbesserungen nicht nur sichtbar machbar, sondern auch nach der VALERI-Methode bewerten. „Diese Transparenz durch erhobene Daten bildet die Basis für eine wirtschaftliche Einschätzung aber auch Investitionsentscheidungen. Gleichzeitig ist dafür gesorgt, dass gesetzliche Pflichten rechtssicher erfüllt werden“, resümiert Philipp Schnüll. „Denn wer der Dokumentationspflicht und den Anforderungen nachkommt, kann die erhobenen Daten beispielsweise auch für das ESG-Reporting nutzen.“
Gebäudeautomation als Umsetzungstreiber
Eine Gebäudeautomation ermöglicht Einsparungen. Sie vernetzt und steuert Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung und Verschattung zu einem intelligenten Gesamtsystem. Eine automatisierte Steuerung sorgt dafür, dass Gebäude eigenständig auf Umweltbedingungen und Nutzerverhalten reagieren während Temperatur-, CO2– und Präsenzsensoren automatisch über die Sensorik und Aktorik gesteuert werden „Wenn das System weiß, dass am Wochenende niemand im Büro ist, fährt es die Anlagen automatisch herunter. Das spart nicht nur Energie, sondern erhöht auch den Komfort für die Mitarbeitenden, aber auch die Betriebssicherheit und Transparenz inklusive frühzeitiger Fehlererkennung dank verlässlicher Daten sind Vorteile“, erklärt Philipp Schnüll. Allein durch einfache Maßnahmen wie Temperaturbegrenzungen lassen sich bis zu sechs Prozent Energie pro Grad einsparen – ohne große Investitionen. Je nach Automationsklasse reichen die Möglichkeiten von manueller Bedienung (Klasse D) bis hin zu vollintegrierten Lösungen (Klasse A). Klasse C zu implementieren bringt eine „recht rudimentäre Steuerung“ im Vergleich zur Gebäudeautomationsklasse B mit, wo bereits Einzelraumregelungen vorgesehen sind. „Hierbei wird jeder Raum einzeln beispielsweise mit Blick auf die Situation im Raum, Luftqualität oder Helligkeit angesteuert“, macht Philipp Schnüll deutlich. Konkret heißt das: Jalousien werden nach Bedarf automatisch hoch- und heruntergefahren oder das Licht mittels Präsenzmelder gesteuert. „Wer diese Klasse etabliert, kann mit Einsparungen von 20 bis 30 Prozent rechnen“, berichtet Philipp Schnüll. Bei der der Automationsklasse A – prognostiziert er sogar Einsparungen von bis zu 40 Prozent.
Synergien machen den Unterschied
Durch die Kombination von Gebäudeautomation und Energiemanagement ergeben sich die besten Synergien. Das Energiemanagement liefert Daten, Potenziale und Reporting; die Gebäudeautomation setzt die Maßnahmen technisch um. „Natürlich ist es wichtig, dass man die Systeme gut miteinander verknüpft und integriert“, erklärt Philipp Schnüll. In Folge profitieren Unternehmen von einem kontinuierlichen Monitoring, das Potenzial zur Optimierung gibt. Auf der anderen Seite zahlt der Umgang mit den erhobenen Daten auf das große Ziel Nachhaltigkeit ein. „Diese smarte Kombination von Energiemanagement und Gebäudeautomation ist genau der richtige Weg, um Gebäude effizienter zu gestalten und über den gesamten Lebenszyklus hinaus zu nutzen. So entstehen zukunftssichere Gebäude, bei denen sich bis zu 50 Prozent Energie einsparen lässt. Das ist ein Beitrag zum Erreichen der Klimaziele“, unterstreicht der Energieberater. Wie das konkret aussieht, demonstriert er anhand eines Praxisbeispiels: In einem Unternehmen wurden zunächst Messkonzepte eingeführt, um unnötige Grundlasten zu identifizieren. Durch optimierte Schaltzeiten, Temperatur- und ein gezieltes Abschaltmanagement – Förderbänder laufen zum Beispiel häufig in Pausenzeiten durch – sowie durch den Austausch ineffizienter Anlagen konnte der Energieverbrauch innerhalb von drei Jahren im ersten Jahr schon um 18 % und im dritten um insgesamt 29 Prozent reduziert werden. Bei vergleichsweise geringen Investitionen.