9. Juli 2025
Wie Interrogare die Zukunft gestaltet

KI in der Marktforschung

A person analyzes stock market data on a smartphone with colorful graphs displayed, set against a financial trading background.

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Der Wettbewerb verschärft sich stetig und damit steigen auch die Anforderungen an Fachkräfte wie Marketer, Researcher und Entscheidungsträger*innen: Gefragt sind Schnelligkeit, Effizienz und gleichzeitig belastbare, fundierte Entscheidungsgrundlagen. Gerade bei anspruchsvollen Fragestellungen, etwa zur mentalen Verfügbarkeit von Marken oder zur differenzierten Wahrnehmung im Wettbewerbsumfeld, braucht es tiefgreifende Analysen, die über klassische KPIs hinausgehen. Eine Herausforderung, der sich die Marktforschung aktiv stellen muss und der das Bielefelder Marktforschungsinstitut Interrogare auch mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz begegnet. Interrogare zählt seit der Gründung 1999 zu den Pionieren der Branche. Schon vor mehr als 25 Jahren waren die Marktforschenden nicht mehr mit Papier und Stift unterwegs, sondern digital. Heute beschäftigt das Full-Service-Institut mit Hauptsitz in Bielefeld und einem weiteren Büro in Hamburg über 80 festangestellte Mitarbeitende und setzt konsequent auf innovative technologische Lösungen, insbesondere im Bereich KI. Wir haben mit Marketingleiterin Stefanie Sonnenschein gesprochen.

Frau Sonnenschein, in welchen Bereichen lassen Sie sich von KI unterstützen?

Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren mit Automatisierungen im Rahmen von Auswertungen, Visualisierungen und Co., aber inzwischen zunehmend auch in komplexeren Prozessen. Ein spannendes Beispiel ist die Pharmamarktforschung: Hier ist die Zahl der Befragten naturgemäß deutlich kleiner als in der Konsumentenforschung. Umso wichtiger ist es, aus jedem einzelnen Fragebogen möglichst viele relevante Informationen für unsere Kunden zu gewinnen – und hier kommt die KI ins Spiel. Gemeinsam mit unserem Partner Ohja.ai, die ausgewiesene Experten in der Erstellung individueller KI-Anwendungen sind, haben wir eine solche entwickelt, die in der Lage ist, bei freien Textantworten innerhalb der Ärzte-Studien die Aussagekraft zu bewerten und bei Bedarf nachzufragen. Ist eine Antwort nicht ausreichend aussagekräftig genug, formuliert die KI eine gezielte Rückfrage und greift dabei Inhalte aus der ursprünglichen Antwort des Befragten wieder auf. Unsere Kundinnen und Kunden sind begeistert: Die Qualität der Ergebnisse bei offenen Nennungen hat sich signifikant verbessert. Perspektivisch möchten wir dieses Tool auch in anderen Bereichen einsetzen, in denen spezifisches Fachwissen weniger entscheidend ist.

KI bietet viele spannende Möglichkeiten, aber in der Marktforschung braucht es nach wie vor fundiertes Fachwissen und menschliche Expertise […]

Stefanie Sonnenschein

Dann zäumen Sie eigentlich das Pferd von hinten auf?

Ja, das kann man so sagen. Wir haben nicht mit einem einfachen Anwendungsfall begonnen, sondern uns direkt einem maximal speziellen Szenario gewidmet – einem Umfeld, in dem viel Fachwissen, medizinische Terminologie und komplexe Zusammenhänge eine Rolle spielen. Das erforderte ein intensives Training der KI mit sehr spezifischem Input. Es war also ein echter Deep Dive, der Zeit und Geduld verlangt hat, bis wir das gewünschte Ergebnis erreicht haben. Aber genau das zahlt sich jetzt aus: Von diesem hochspezialisierten Use Case aus lässt sich das System nun deutlich leichter auf weniger komplexe Fragestellungen übertragen, etwa im Bereich von Alltagsmarken oder FMCG-Produkten (Fast Moving Consumer Goods).

Gehen wir noch mal einen Schritt zurück – wie sind Sie im Unternehmen das Thema KI angegangen?

Als Full-Service-Marktforschungsinstitut haben wir ganz unterschiedliche Abteilungen mit jeweils eigener Expertise – etwa in der Projektsteuerung, Programmierung, Datenanalyse etc. Um das Thema KI fundiert und praxisnah anzugehen, haben wir zunächst gefragt: Wer hat Lust, sich einzubringen? Aus allen Bereichen wurden ein oder zwei Kolleg*innen entsandt, sodass ein interdisziplinäres Team entstand, das sich intensiv mit den Potenzialen von KI auseinandergesetzt hat. Dabei ging es nicht nur um die Frage: Wo kann uns KI konkret unterstützen? Sondern auch darum, wie wir dabei höchste Datenschutzstandards sicherstellen können, denn als Marktforschungsinstitut unterliegen wir hier besonders strengen Vorgaben. Darauf aufbauend haben wir ein zentrales Kernteam gebildet, das eng mit unserem Partner Ohja.ai zusammenarbeitet. Gleichzeitig ist es uns wichtig, allen Mitarbeitenden Raum für eigene Ideen zu geben. Dafür haben wir ein internes Ideenformular entwickelt, in dem Vorschläge eingereicht werden können – inklusive Angabe, was dafür benötigt wird und welchen Mehrwert es fürs Unternehmen hat. Auf dieser Basis priorisieren wir dann, welche Ideen wir weiterverfolgen, von kleineren Optimierungen bis hin zu großen Innovationsprojekten.

Stefanie Sonnenschein, Marketingleiterin

Haben Sie ein Beispiel?

Ein gutes Beispiel ist die ungestützte Abfrage von Marken innerhalb von Markenstudien – also die Frage, welche Marke einer bestimmten Kategorie den Befragten spontan in den Sinn kommt. Die Antworten werden frei eingegeben, was bedeutet: Manche schreiben den Markennamen korrekt, andere vertippen sich. Hier muss im Nachgang ein Markencoding vorgenommen werden – also die Zuordnung unterschiedlich geschriebener Nennungen zur korrekten Marke. Was bisher „händisch“ gemacht werden musste, übernimmt jetzt KI. Das spart nicht nur Zeit, sondern verbessert auch die Datenqualität erheblich.
Neben vielen kleineren Projekten wie diesem arbeiten wir aktuell an zwei größeren KI-Anwendungen, die wir noch in diesem Jahr live bringen wollen. Eines davon ist Botty – unser interner Spitzname für einen intelligenten Insights Bot. Botty ermöglicht es, aus vorhandenen Studiendaten ganz gezielt Antworten auf konkrete Fragestellungen zu geben – ganz ohne mühsames Durchsuchen von Präsentationen, Tabellen oder Datenbanken. Besonders praktisch für den Kunden: Botty kann abteilungsübergreifend eingesetzt werden. Ob Marketing, Vertrieb oder Produktentwicklung, alle können einfach auf Marktforschungsergebnisse zugreifen. Das macht nicht nur Wissen leichter zugänglich, sondern unterstreicht auch den Wert und die Relevanz von Marktforschung im Unternehmen insgesamt.

Ist KI in der Marktforschung ein revolutionärer Umbruch?

Nein, für uns ist es eine Evolution. KI bietet viele spannende Möglichkeiten, aber in der Marktforschung braucht es nach wie vor fundiertes Fachwissen und menschliche Expertise – gerade, wenn es um die Erforschung psychologischer Phänomene und Entscheidungsverhalten geht. Hier reichen rein algorithmische Modelle nicht aus. Es braucht durchdachte Methoden, die nicht nur technisch funktionieren, sondern auch vom Anwendenden verstanden, eingeordnet und sinnvoll eingesetzt bzw. auch kombiniert werden können. Zudem arbeiten wir bei Interrogare auch nicht mit synthetischen Probanden. Denn eine KI entscheidet vollkommen anders als ein Mensch – nämlich rein rational, konsistent und auf Basis vollständiger Information. Menschen hingegen handeln zum Großteil unbewusst, emotional und aus ihren ganz persönlichen Erfahrungen heraus. Das betrifft zum Beispiel ihr Markengedächtnis oder implizite Präferenzen. Diese menschlichen Faktoren lassen sich durch KI – vielleicht noch – nicht einfach simulieren.
Was wir aber tun: Wir nutzen das Beste aus beiden Welten. Denn unsere zweite große KI-Anwendung, die wir derzeit realisieren, entwickelt auf Basis realer Studienergebnisse einzelner Menschen sogenannte „Quelleninformierte Persona-Avatare“ (Qupas). Sie ermöglichen es unseren Kundinnen und Kunden, nach Abschluss einer Studie weiterführende Gespräche mit einem Avatar zu führen – basierend auf echten Daten, nicht synthetischen. So können Ergebnisse greifbarer und lebendiger gemacht werden – ohne dabei auf belastbare wissenschaftliche Grundlagen zu verzichten. Und man kann Themen vertiefen, die man vor Beginn der Studie noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Natürlich steht auch beim Einsatz solcher Tools für uns immer der Datenschutz im Fokus. Als Marktforschungsinstitut ist das für uns selbstverständlich und nicht verhandelbar.

Wann nutzen Sie selbst KI-Anwendungen?

Ich nutze sehr häufig mein eigenes Custom GPT – eine kleine, digitale Version von mir selbst, die ich mit meinem Stil und meinem Charakter „gefüttert“ habe (lacht). Besonders bei Zusammenfassungen längerer Texte ist das eine große Hilfe und spart viel Zeit. Grundsätzlich finde ich es unglaublich spannend, was da gerade alles passiert – und freue mich, in all unseren KI-Entwicklungen aktiv mitwirken zu können. Gerade auch mit Blick auf meine zukünftige Rolle in der Geschäftsführung ist es mir wichtig, dieses zentrale Zukunftsthema im Blick zu haben und auf oberster Ebene mitzugestalten.

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